Neugründungen im Direkvertrieb
Darauf sollten Sie achten
Der Direktvertrieb bietet einen Reihe von Chancen für den erfolgreichen Aufbau eines neuen Unternehmens. Gleichzeitig sind mit einer Neugründung auch verschiedene Risiken und Unklarheiten verbunden. Das Gebiet umfasst einige juristische Fallstricke, die Sie vermeiden sollten, um ein nachhaltiges und störungsfreies Wachstum zu gewährleisten. Was Sie dabei im Besonderen beachten sollten, lesen Sie hier.
Direktvertrieb – was ist das genau?
Eine verbindliche Definition des Begriffs Direktvertrieb gibt es nicht. Die Form der geschäftlichen Vorgänge hängt von der Struktur der Vertriebswege ab. Eine Neugründung im MLM (Multi-Level-Marketing), beziehungsweise eine Neugründung im Network Marketing erfordert eine andere Vorgehensweise als eine Neugründung im Direktvertrieb klassischer Ausprägung.
Auch die Branche, in der sich die Neugründung im Direktmarketing bewegt, bestimmt darüber, was darunter jeweils zu verstehen ist. Finanzdienstleister oder Versicherungsunternehmen beispielsweise bezeichnen als Direktvertrieb den Verkauf ihrer Produkte ausschließlich über Kommunikationskanäle wie Telefon, E-Mail, Post oder E-Commerce, also ohne Einbeziehung von Außendienstmitarbeitern oder Filialnetzen.
In anderen Branchen bedeutet Direktvertrieb den direkten Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen an den Endverbraucher. Hier können durchaus Außendienstmitarbeiter und Einzelhandelsfilialen zum Einsatz kommen.
Neugründungen im Direktvertrieb hängen also in hohem Maße von den Produkten ab, die den Geschäftsgegenstand darstellen. Die Vertriebsstrukturen ergeben sich durch die geschäftlichen Abläufe und basieren vor allem auf der Frage, was zweckmäßig und verkaufsfördernd ist.
Die häufigste Form des Direktvertriebs, so wie er auch Gegenstand dieses Beitrags ist, beschreibt den Verkauf von Konsumgütern oder Dienstleistungen direkt in der Wohnung des Kunden, beziehungsweise in einem zum Wohn- oder Arbeitsumfeld gehörenden Bereich.
Das Besondere bei einer Neugründung im Direktvertrieb ist also die Schaffung eines Unternehmens, das den direkten Kontakt mit dem Endverbraucher vor Ort zum Gegenstand hat, verbunden mit dem direkten Informationsaustausch und einer intensiven und individuellen Beratungsleistung. Besonders die persönliche Komponente setzt den Direktvertrieb grundsätzlich von anderen Vertriebsmodellen ab – vom Ladengeschäft über den Versandhandel bis zum E-Commerce.
Unabhängig davon, ob es sich um eine Neugründung im MLM, beziehungsweise um eine Neugründung im Network Marketing handelt: Neugründungen im Direktvertrieb beinhalten für den Unternehmensgründer eine Reihe von Vorteilen:
- Die komplette Vertriebsstruktur verbleibt im Einflussbereich des Unternehmens. Das erlaubt die vollständige Kontrolle der Vertriebswege bis hin zum Endverbraucher.
- Besonders bei der schnelle Marktdurchdringung und Marktbesetzung kann der Direktvertrieb seine strukturellen Stärken ausspielen.
- Direktvertriebsunternehmen können mit besonders hoher Dynamik tätig werden, speziell bei Prozessen wie der Erschließung neuer Märkte, der Vorstellung innovativer Ideen oder der Bearbeitung des Marktes.
- Verkaufsberater im Direktvertrieb zeichnen sich in der Regel durch hohe Fachkompetenz bei den Produkten aus. Das erlaubt eine besonders flexible und individuelle Kundenberatung.
- Feedbacks aus dem Kundenkreis gelangen besonders schnell ins Unternehmen, ob direkt durch die Kunden oder über den Außendienst. Das erlaubt die effiziente und schnelle Anpassung der Produktpolitik an die Kundenbedürfnisse und einen besonders kurzen Innovationszyklus.
- Direktvertrieb ist das ideale Instrument für eine wirkungsvolle Gestaltung von Zielgruppen. Besonders bei der persönlichen Betreuung und der damit verbundenen Bildung von Kaufpräferenzen befindet sich der Direktvertrieb gegenüber dem stationären Handel deutlich im Vorteil.
- Der unmittelbare Kontakt mit den Konsumenten, wie das beim Direktvertrieb der Fall ist, bietet optimale Voraussetzungen für den raschen und nachhaltigen Aufbau einer breiten Stammkundschaft.
- Der Direktvertrieb erlaubt die effektive Interaktion zwischen Kunden. Dadurch entstehen praxisnahe und glaubwürdige Kundenempfehlungen zur Motivation von Neukunden
Unterschiedliche Formen des Direktvertriebs
Wie eingangs erwähnt, gibt es keine fest definierten Branchenmodelle für den Direktvertrieb. Dennoch haben sich einige Betriebsstrukturen allgemein durchgesetzt:
Handelsvertreter
Ein Außendienstmitarbeiter, der in der Regel freiberuflich tätig ist, sucht potentielle Kunden in der Wohnung oder am Arbeitsplatz auf und bietet das Produktsortiment an. Der Besuch kann nach Terminvereinbarung (warme Akquise) oder ohne vorherige Ankündigung (kalte Akquise) erfolgen.
Heimpräsentationen
Zu ihnen gehört die legendäre Tupper-Party. Eine Gruppe potentieller Kunden wird gemeinsam in einer Kundenwohnung über ein Produktsortiment informiert, gewöhnlich in zwangloser, geselliger Atmosphäre. Damit verbunden sind in der Regel ausführliche Produktvorführungen. Produktparties sind insbesondere in den Branchen Kosmetik, Haushaltswaren und Dessous verbreitet. Die Stärke von Heimpräsentationen sind insbesondere gruppendynamische Effekte, die aus dem gemeinsamen Erlebnis erwachsen.
Heimservice
Diese Direktvertriebsform kommt insbesondere bei kurzlebigen Konsumgütern zur Anwendung. Der Verkäufer besucht den Kunden in seinem Umfeld und versorgt ihn mit dem Nachschub der benötigten Güter. Dieses Modell ist die Domäne von Lebensmittel-Lieferdiensten (Frischwaren und Tiefkühl-Fertiggerichte).
Mobiler Verkauf
Hier kommen meist als Verkaufsstellen ausgestattete Fahrzeuge zum Einsatz, die nach einem festgelegten Plan an bestimmten Standorten Waren zum Verkauf anbieten. Diese Vertriebsform findet häufig in Regionen mit schlechter Versorgungslage Anklang, beispielsweise mobile Lebensmittelläden auf dem flachen Land. Zunehmend gehören dazu aber auch Anbieter hochwertiger Esswaren (Food Trucks).
Sammelbesteller
Immer seltener sind Berater tätig, die für ihr soziales Umfeld Bestellungen eines bestimmten Anbieters zusammenfassen, sie als Sammelbestellung weiterleiten und die eintreffenden Waren dann entsprechend verteilen. Diese meist nebenberuflich ausführte Tätigkeit hat mit dem Aufkommen des Online-Handels das meiste ihrer früheren Bedeutung eingebüßt.
Neugründungen im Direktvertrieb beinhalten Risiken und Gefahren
Kaum eine andere Branche beinhaltet – neben ihren offensichtlichen Stärken und Chancen – derart viele Fallstricke, die das Gründungsprojekt unbeabsichtigt in den Bereich der Illegalität abgleiten lassen können. Die rechtlich einwandfreie Ausgestaltung des Geschäftsmodells ist daher von existenzieller Bedeutung.
Klassischer Direktvertrieb und MLM – zwei unterschiedliche Varianten
Eine Neugründung im Direktvertrieb klassischer Prägung beinhaltet den direkten Verkauf von Produkten eines Herstellers an den Endverbraucher und den Erhalt einer dafür festgelegten Provision oder Handelsspanne. Damit ist das komplette Geschäftsmodell beschrieben. Eine Neugründung im MLM ist eine erheblich komplexere Angelegenheit.
Multi-Level-Marketing ist auch unter einer Reihe anderer Bezeichnungen bekannt: Strukturvertrieb, Beziehungsmarketing oder Network Marketing sind nur einige davon. Sie alle beschreiben allerdings das gleiche Geschäftsmodell:
Der Gewinn aus der Tätigkeit erwächst nicht nur aus dem direkten Verkauf. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Bildung einer Vertriebsorganisation, die in die eigene Vertriebstätigkeit integriert ist. Partner, die in direkter Linie an Sie angegliedert sind, erhalten einen Teil Ihrer Provision für Verkäufe, die sie als Mitglied Ihrer Organisation getätigt haben. Je mehr Partner Sie in erster Linie an sich binden, desto mehr Personen arbeiten am Gesamtumsatz mit und können damit Ihr Gesamteinkommen erhöhen.
Auch Ihre Partner können selbst neue Partner gewinnen und ihrer Organisation angliedern, die gleichzeitig Bestandteil Ihrer Organisation ist. Ihre Partner der ersten Ebene geben dann einen Teil der Provision, die sie von Ihnen erhalten haben, an ihre Partner weiter.
Dieses System der übereinander liegenden Ebenen lässt sich theoretisch unbegrenzt weiterführen und damit große Vertriebsorganisationen entstehen – daher der Name Multi-Level-Marketing.
Grundsätzlich ist gegen MLM nichts einzuwenden. Bei seriösem Aufbau lässt sich daraus ein robustes Geschäftsmodell entwickeln. Dennoch ist bei MLM immer Vorsicht geboten: Ob das Modell Ihre Erwartungen erfüllen kann, hängt im Wesentlichen vom Anbieter ab.
Beschränken sich die Einkommensmöglichkeiten ausschließlich auf das Werben neuer Partner, liegt ein illegales Schneeballsystem nach § 16 Abs. 2 UWG vor – auch Pyramidensystem genannt. Geld fließt hier nur, so lange neue Mitglieder geworben werden können.
Beim seriösen MLM steht der Produktverkauf im Mittelpunkt. Der Anbieter muss also ein marktfähiges Produktsortiment und von der Zielgruppe akzeptierte Preise bieten. Das Geld kommt hier also aus dem Verkauf, was eine nachhaltige geschäftliche Entwicklung gewährleistet.
Die Entscheidung für das richtige Konzept Ihres neuen Direktvertriebsunternehmens hängt also von einer Reihe wichtiger Faktoren zu Konzept, Struktur und Legalität des anvisierten Vertriebsmodells ab. Besonders der letzte Punkt hält eine Reihe tückischer rechtlicher Fallstricke bereit. Die sorgfältige juristische Evaluation vor dem Start bewahrt Sie später zuverlässig vor unliebsamen Überraschungen.
Für eine ausführliche Beratung stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung.

Dr. Nathalie Mahmoudi
Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz

Yasmin Mahmoudi
Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz